P. Benedict: Season of Conspiracy

Cover
Titel
Season of Conspiracy. Calvin, the French Reformed Churches, and Protestant Plotting in the Reign of Francis II (1559–60)


Autor(en)
Benedict, Philip
Reihe
Transactions (108/5)
Erschienen
Philadelphia 2020: American Philosophical Society
Anzahl Seiten
224 S.
von
Ariane Albisser

In seiner neuesten Studie gelingt es Philip Benedict mithilfe des bisher in der Forschung kaum beachteten Berichtes von Gilles Triou (als annotierte Transkription im Anhang der Studie, S. 197–212) neues Licht auf die protestantischen Verschwörungen gegen die französische Krone und die einflussreiche Adelsfamilie Guise im Vorfeld der Hugenottenkriege (1462–1598) zu werfen.

Dafür rollt Benedict in einem ersten, sehr ausführlichen Abschnitt die Geschichtsschreibung zur Verschwörung von Amboise erneut auf und diskutiert sowohl die Quellen als auch deren Behandlung in der bisherigen Forschungsgeschichte. Besonders bemerkenswert und lobend hervorzuheben ist dabei die prägnante Reflexion der bisherigen Quellenrezeption in der Forschung (S. 77–81). Dabei weist Benedict nach, wie sich eine bestimmte Nacherzählung der Ereignisse als politisch-religiöser Adelskomplott durchgesetzt hat, welche auf die Arbeiten von Louis Régnier de La Planche und anderen Historikern des späten 16. Jahrhunderts zurückgeht. Dieses Narrativ hat die darauffolgende Geschichtsschreibung so stark dominiert, dass Alphones de Rubles Entdeckung des Berichtes von Gilles Triou1 und die wichtigen, daran anschliessenden Arbeiten von Henri Naef und Alain Dufour oftmals ausser Acht gelassen wurden. Im anschliessenden Kapitel holt der Autor dieses Versäumnis nach und untersucht das Zeugnis von Gilles Triou, der im Anschluss an den vorzeitig gescheiterten Aufstand in Lyon im September 1560 verhaftet worden war und anhand einer Waffenliste in seiner Handschrift des Komplottversuchs überführt werden konnte. Benedict fokussiert sich bei seiner Quellenanalyse auf die sorgfältige Identifizierung und Kontextualisierung der zahlreichen Namen und Ereignisse, welche Triou beim Verhör zusammen mit seiner Beteiligung an der «Affäre Maligny» – wie der versuchte und dann vorzeitig abgebrochene Aufstand in Lyon genannt wurde – verraten hat. Daran anschliessend rekonstruiert Benedict in zwei weiteren, kurzen Kapiteln die Zusammenhänge zwischen der Verschwörung von Amboise und Lyon (S. 107–130) und zwischen Lyon und Orléans (S. 131–145), wo die Hauptanführer der Hugenotten rund um Antoine de Navarre und Louis Condé verhaftet, verurteilt und teilweise auch hingerichtet wurden. Dadurch nahmen die Verschwörungen ihr vorläufiges Ende. Im sechsten und vorletzten Kapitel hebt der Autor schliesslich den Bezug zu Genf und den im Titel der Monografie prominent hervorgehobenen Johannes Calvin deutlich hervor. Gestützt auf das «Livre des habitants», das «Livre de bourgeoisie» und die Briefkorrespondenz Calvins lässt sich dabei nachweisen, dass dieser trotz der öffentlichen Distanzierung von den Ereignissen (beispielsweise gegenüber dem Zürcher Reformator Heinrich Bullinger) sowohl als Geldgeber als auch als Vermittler von Informationen und Männern bei den Verschwörungen mitgewirkt hat.

Im letzten Abschnitt zieht Benedict konsequent die Schlussfolgerungen aus den Ausführungen der vorhergehenden Kapitel und plädiert für ein Neu-Denken der Natur und der Bedeutung der Verschwörungen von 1560 hinsichtlich dreier Punkte: Erstens sind die Verschwörungen nicht nur als Komplotte des Adels zu erzählen, da nachweislich auch Pfarrpersonen und Laien Schlüsselrollen eingenommen haben. Zweitens ist von der Fokussierung auf die Verschwörung von Amboise weg zu kommen, da dadurch andere – teilweise gar damit zusammenhängende – Komplotte (wie beispielsweise der versuchte Aufstand in Lyon) sträflich vernachlässigt werden. Drittens sind die Verschwörungen auch nicht mehr als rein innenpolitische Angelegenheiten zu verstehen, da nachweislich insbesondere Genf unter Beteiligung von Theodor Beza und Johannes Calvin und vermutlich auch die englische Krone die Aufstände ideell und finanziell unterstützt haben.

Abschliessend lässt sich festhalten, dass es Philip Benedict mit der vorliegenden Monografie eindrücklich gelungen ist, ein erstes Teilstück seines «ultimate goal» einer «in-depth narrative history» (Vorwort S. IX) der kritischen Jahre der französischen Reformation von circa 1552 bis 1563 zu schreiben, welche weder bloss Altbekanntes neu aufwärmt noch der Versuchung erliegt, die komplexen Zusammenhänge zu simplifizieren oder voreilig aufzulösen.

1 Zitiert und verwendet in: Alphones de Ruble, Antoine de Bourbon et Jeanne d’Albret, Paris 1882, Bd. 2, S. 143, 343–348.

Zitierweise:
Albisser, Ariane: Rezension zu: Benedict, Philip: Season of Conspiracy. Calvin, the French Reformed Churches, and Protestant Plotting in the Reign of Francis II (1559–60), Philadelphia 2020. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 72 (1), 2022, S. 149-150. Online: <https://doi.org/10.24894/2296-6013.00102>.

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